Rezensionen

Hammer: Der Ansatz Aucouturier

Dr. Richard Hammer, Motologe

Der Ansatz Aucouturier – Handlungsfantasmen und psychomotorische Praxis.

Aucouturier – einer der bedeutendsten Psychomotoriker Frankreichs – ist auch in Deutschland kein Unbekannter. Viele verbinden seinen Namen mit »Bruno«, der sehr einfühlsamen Darstellung seiner Arbeit mit einem autistischen Kind oder seinem Werk zur »Symbolik der Bewegung«. Eine große Anzahl Psychomotoriker hat auch eine Ausbildung nach dem Ansatz Aucouturier absolviert.

Mit dem hier besprochenen Buch legt Aucouturier zum Abschluss seiner 35jährigen beruflichen Tätigkeit am Psychomotorik-Zentrum in Tours eine Auseinandersetzung mit seiner eigenen Praxis und den damit verbundenen Konzepten vor.

Beim Lesen wird immer wieder deutlich, dass der Autor ein erfahrener Praktiker ist, der weiß, wovon er spricht, der seine Praxis aber immer auch reflektiert und weiterentwickelt hat auf der Grundlage von Theorien, vor allem psychoanalytischen Entwicklungstheorien (Freud, Winnicott). Der Schwerpunkt seiner praktischen Tätigkeit lag dabei im Vorschulbereich mit einem Übergang zum Grundschulalter.

Sucht man Vergleiche in der deutschen Psychomotorik, so würde man den Ansatz Aucouturier sicher sehr nahe beim »Verstehenden Ansatz der Psychomotorik« ansiedeln.

Das Buch gliedert sich in drei Teile: im 1. Teil stellt Aucouturier die wesentlichen theoretischen Grundlagen seiner Arbeit dar. lm 2. Teil wird die psychomotorische Praxis in Pädagogik und Prävention vorgestellt, der 3. Teil schließlich geht ein auf die Ebene der therapeutischen Intervention in der Einzeltherapie und in der Kleingruppe. Beim Lesen des Theorieteils fallen einem immer wieder Begriffe auf, die einem in der »deutschen Psychomotorik« nicht so geläufig sind, die wohl teilweise Aucouturier neu geprägt hat oder die nur schwer in die deutsche Sprache übersetzbar sind. Dies tut aber dem Lesevergnügen an sich keinen Abbruch, denn zum einen ist der Text gut lesbar und auch gut verstehbar, zum anderen gibt es für noch unbekannte Begriffe ein ausführliches Glossar, in dem diese Begriffe erläutert werden. Hilfreich sind auch Fotos aus der Arbeit mit den Kindern, welche die Aussagen im Text deutlich machen. Schwerpunkte im theoretischen Teil sind die Entwicklung des Kindes aus der Sicht der Psychomotorik. Man könnte beinahe sagen, dass hier eine Lücke geschlossen wird gibt es doch bis heute keine »Entwicklungsmotologie«. Für den Psychomotoriker interessant ist hier, dass hier motorische Entwicklung themenorientiert dargestellt wird. Aucouturier geht also aus von der Bedeutung, welche die Meilensteine der motorischen Entwicklung für das Kind haben und macht dies zur Grundlage seiner Praxis.

Diese praktische Arbeit mit dem Kind wird im 2. und 3. Teil sehr eindrucksvoll dargestellt, wobei er hier im Einzelfall detailliert auf den Verlauf der Psychomotorikstunden mit einem Kind eingeht, aber auch im Einzelnen darstellt wie er sich die Einteilung von Zeitverläufen vorstellt oder die räumliche sowie materielle Ausstattung von Therapieräumen sein sollte. Er geht auch ein auf die Haltung des Psychomotorikers bezüglich des Kindes nämlich: an den Menschen zu glauben. Wichtig scheint mir auch eine Aussage von ihm zu sein, die er seinem Buch vorausschickt: »Dabei soll das gelieferte »Handwerkszeug« kein Modell zur Nachahmung sein! Es soll lediglich einen Rahmen, eine Orientierung bieten, die jedem Praktiker die Freiheit lässt, innovativ zu sein und seinen eigenen Stil in Sein und Tun zu entwickeln. Wir hoffen, dass dieses Buch Praktikern die Möglichkeit gibt, ihre Praxis lebendig zu gestalten und sie gleichzeitig immer wieder zu hinterfragen«.

Dem Buch sind viele kreative und innovative Psychomotorikerlnnen als Leserlnnen zu wünschen.